Last Update: 08.07.23
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Turmbläser geben eine Probe ihres Könnens von der Jüterboger Nikolaikirche
JÜTERBOG – Gegen die althergebrachte Tradition kamen am Freitagabend
auch keine starken Windböen an. Hoch oben auf den Türmen der
Nikolaikirche stemmten sich die tapferen Musiker gegen den Sturm. Auf 48
Metern Höhe wehte den Turmbläsern ein anderer Wind um die Ohren als dem
Publikum am Boden.
Die Musiker waren zu Gast in Jüterbog, um im Rahmen einer kleinen Tour
ein Konzert zu geben. Wie in jedem Jahr fand die sogenannte
Bläserfreizeit für die Künstler aus ganz Deutschland statt. Vor allem
aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Franken waren sie gekommen,
um für eine Woche lang gemeinsam zu musizieren. “Es ist fast wie eine
Art Ferienlager mit Tuba, Posaune und Trompete, sehr viel Musik und ein
bisschen Urlaub eben”, erzählte Jörg Michael Schlegel. Er ist
Landesposaunenwart für die Posaunenchöre und auch musikalischer Leiter
der Bläserfreizeit. “Ich spiele seit 30 Jahren und war auch schon auf
vielen Türmen des Landes zum Musizieren, aber so einen Wind wie heute
habe ich echt noch nie erlebt, da wurde einem schon mal etwas mulmig”,
berichtete er. Besonders schwer hatten es die Herren auf dem
Brückensteg, der die beiden Türme der Nikolaikirche miteinander
verbindet. Aber für solch ein Turmblasen sei die Brücke ja schließlich
gebaut worden, erzählten die Musiker.
Es sei eine alte Bläsertradition, dass in jeder Stadt mit hohen Türmen
die Musiker an ihre Wurzeln erinnern und ein Turmblasen veranstalten.
“Das geht auf die alten Stadtpfeifer zurück, die es überall im
Mittelalter gab. Sie waren täglich auf den Türmen, um das Abendgeläut
abzublasen, zu besonders feierlichen Anlässen nicht nur mit Posaunen,
sondern auch mit Pauken und Trompeten, so ist das alte Sprichwort
entstanden”, erklärte er.
Und so kletterten auch die rund 20 Musiker der Bläserfreizeit vor ihrem
Auftritt die 218 Stufen hinauf zu den Türmen der Nikolaikirche. Fünf
waren jedoch lieber unten geblieben. Oben blies ein so starker Wind,
dass das Konzert hin und wieder eine kurze Pause einlegen musste. Die
Musiker hatten zu tun, ihre Instrumente, Notenständer, Notenblätter und
sich selbst festzuhalten. “Ist eben alles für die Kunst”, schmunzelte
auch Stefan Türk aus Chemnitz. Er war sehr froh, mit seinem Instrument
wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
In Begleitung von Kantor Peter Michael Seifried und der Organistin
Barbara Regnery durfte das große Publikum dann noch das eigentliche
Posaunenkonzert mit Orgel in der Nikolaikirche erleben.
(Von Kathrin Burghardt/Märkische Allgemeine 22.08.2011)
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